Eigenbau Lastenrad: Dem Lenkungsflattern auf der Spur

Lenkwinkel eingeschränkt

Warum ich aus einem alten MTB Rahmen ein Mini-Cargo-Bike gebaut habe und wie ich mit Hilfe verschiedener Bücher und Artikel das Lenkungsflattern verstehen möchte erfahrt Ihr in diesem Gast-Blog-Beitrag.

Sperrige Pakete, Getränkekisten, Wocheneinkäufe – Dinge mit dem Rad zu transportieren kann herausfordernd sein. Ein altes Bäckerfahrrad mit unzähligen Lackschichten bildet daher seit vielen Jahren eine sinnvolle Ergänzung meines Fahrrad-Fuhrparks aus Alltagsrad, Tourenrad, Rennrad, Klapp- und Bonanzarädern.

Das Leergewicht von 26kg und stets überforderte Bremsen förderten jedoch meinen Wunsch nach einem moderneren Lastenrad. Durch den Cargo-Bike-Boom vergrößerte sich zwar das Angebot an Tiefladern mit potenten E-Antrieben stetig, aber das schien mir übertrieben. Firmen wie Omnium zeigen doch, wie ein Bäckerrad heute aussehen kann. Nach diesem Vorbild entstand im heimischen Keller ein Mini-Cargo-Bike aus einem alten Stahl-Mountainbike, Alt-Teilen und einer neuen 20“ Carbon Gabel mit 1 1/8“ Schaft und Scheibenbremsaufnahme.

Zu meinem Stolz, herausfordernde Transportaufgaben weiterhin ohne Auto zu bestreiten kommt nun bei jeder Fahrt der Stolz des Schöpfers aber auch die kritische Auseinandersetzung mit den Fahreigenschaften.

Aus der Geometrie des Basis-Rahmens, den verfügbaren Muffen und dem recht großen Offset der zugekauften Gabel ergab sich ein kurzer Nachlauf von nur ca. 35mm.
Das Rad lässt sich unbeladen bei allen Geschwindigkeiten freihändig fahren. Ab ca. 15kg auf dem Frontgepäckträger neigt jedoch der Lenker zum Schwingen, wenn es zu schnell wird. Beim alten Bäckerrad war das kein Problem. Es hat zwar die gleiche Neigung, ist jedoch schwer und mit nur 3 Gängen wurde es einfach selten zu schnell.
Woran liegt das und was kann ich dagegen tun?

In dem Buch „The allroad bike revolution“ beschreibt Jan Heine leicht verständlich und in kurzen Sätzen unter anderem die Vor- und Nachteile des rahmenfesten Trägers gegenüber mitlenkenden Trägern auf empirischer Basis.
Zusammenfassend schreibt er, dass dem rahmenfesten Träger das stabilisierende Trägheitsmoment der Masse fehlt, die bei Lenkbewegungen um die Steuerachse rotiert. Mitlenkende Träger haben demgegenüber den Nachteil, dass das Gewicht der Ladung dazu führt, dass die Gabel kippen möchte.

Auszug "The allroad bike revolution"
Interessanter Auszug aus Jan Heines Buch. Nebenbei: Der stabilisierende Beitrag der Kreiselkräfte der Räder wurde 1970 durch Jones‘ „Unrideable Bikes“ untersucht und für vernachlässigbar befunden. Formel für Trägheitsmoment ist falsch.

Um das Phänomen Lenkerschwingen genauer zu verstehen, habe ich zu Peter Appeltauers „Kleingedrucktem beim Radfahren“ gegriffen. Appeltauer beschreibt darin die komplexen physikalischen Zusammenhänge aus Kippen und Gegenlenkbewegung detaillierter. Bei der gegebenen Detaillierung kann Herr Appeltauer aber leider nicht auf die unterschiedlichen Trägertypen eingehen.

Zum Thema Fahrraddynamik besonders empfehlenswert finde ich einen Beitrag von David E. H. Jones in Physics Today 59, 9, 51 (ursprünglich von 1970). Um theoretische Ansätze zu verifizieren baute Jones verschiedene „Unrideable bikes“ um stabilisierende Eigenschaften zu identifizieren. Das von ihm definierte Stabilitätskriterium liegt für das selbst gebaute Mini-Cargo-Bike klar im instabilen Bereich. Als Optimierungsparameter bietet sich der Offset einer Gabel an, die ich noch bauen müsste. Den exakten, deutlich kürzeren Wert konnte ich mit einer Formel von Jones bereits berechnen.

3 Kommentare

  1. Ich entschuldige mich aufrichtig für diesen Kommentar! Aber ich teste einige Software zum Ruhm unseres Landes und ihr positives Ergebnis wird dazu beitragen, die Beziehungen Deutschlands im globalen Internet zu stärken. Ich möchte mich noch einmal aufrichtig entschuldigen und liebe Grüße 🙂

  2. Hallo Dirk,
    Vielen Dank für den Tipp. Die Idee ist sehr gut. Durch den größeren Auflagebereich würde sich der „pneumatische Nachlauf“ erhöhen, was zu größerer Stabilität beiträgt. Den Effekt konnte ich bestätigen, indem ich aus den 1,75″ breiten Reifen Druck abgelassen habe, was allerdings zu Durchschlägen bei hoher Beladung führt.
    2,25″ breite Reifen bekomme ich leider in die Zukauf-Gabel nicht rein.
    Das alte Bäckerrad fahre ich leider so gut wie gar nicht mehr. Das selbst gebaute war 2022 das am häufigsten genutzte Rad im Stall.
    Dir allzeit gute Fahrt,
    Andreas

  3. Versuchs mal mit 2,25 Zoll breiten Vorderreifen. Ich habe vom Flattern bei Long Harrys gelesen, da wurde dies auf die schmaleren Vorderreifen zurückgeführt. Und was bastelst Du auch neuen Schnickschnack? Dein altes Lastenfahrrad nutzen – und genug Haferflocken mampfen, dann klappt das auch mit den 150 km/h! Viele Grüße, Dirk (der seit fast 40 Jahren nur klassische Lastenfahrräder fährt)

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